Kommentar: ISO 9624 – Unnötige Probleme für thermoplastische Bunde und Flanschverbindungen

Unser Kommentar: neueste ISO 9624 ist fehlerhaft und verursacht unnötige Probleme für die Verwender von thermoplastischen Flanschverbindungen.

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Besserer Kontakt und weniger Probleme mit Montage und Leckage bei PE 100 PN 16 Flanschverbindung

PE-Flanschverbindungen dürfen und müssen nicht undicht werden – ein Statement

Für Planer und Anwender von PE-Druckleitungen kann die Verwendung der ISO 9624 zu Problemen führen, da der Basis-Flanschstandard wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt. Auch hilft es nicht, andere Kunststoff-Anwendungsstandards wie EN 12201 und ISO 4427 (Wasser) oder EN 1555 (Gas) zu verwenden, weil sie sich auf diese ISO 9624 beziehen. Die Alternative EN ISO 15494 (Industrie) behandelt das Flanschthema eigenständig, hat aber bisher die Kompatibilität zum Stahlstandard EN 1092-1 auch (noch) nicht umgesetzt.

Unabhängig von der nachfolgend näher beschriebenen ISO-Problematik
haben sich deshalb in der Praxis voll druckbelastbare, normkompatible Flanschverbindungen bewährt, die kunststoffgerecht optimiert wurden und ohne Einschränkungen die Nenndrücke 10 bar, 16 bar oder auch PN 25 oder sogar höher ermöglichen.

In den 1960er Jahren wurde der Rohstoff PE entwickelt und in den 1970er Jahren DIN-Standards für PE-Rohrverbindungen erarbeitet, die in den 1980ern zum deutschen Standard wurden und zum Teil weltweit so zum Einsatz kamen. Damals war jedoch der Anwendungsfokus von Kunststoff-Rohrsystemen eher die Korrosionsbeständigkeit als der Betriebsdruck. Somit genügte es, die Verwendung der Stahl-Standardlosflansche als Basis für PE-Rohrsysteme zu verwenden, obwohl sich die Rohrdurchmesser und auch die Wanddicken deutlich gegenüber den Stahlrohren unterscheiden. Die Kunststoff-Vorschweißbunde wurden pragmatisch maßlich an den Losflanschen „angepasst“ und somit die Basis des 1988 neu entwickelten DIN 16963-4-Standards. Die sich für einige Abmessungen ergebene, eingeschränkte Belastbarkeit war für Anwendung auch in der Chemie erst einmal problemlos.

Mit steigenden Betriebsdrücken bei PE-Druckrohranwendungen und vor allem Nennweiten weit über DN 200 hinaus, zeigten sich bereits in den 1990er Jahren in der Praxis die Grenzen der Belastbarkeit der Kunststoff-Flanschverbindungen. Deshalb wurde 1996 von Reinert-Ritz der voll druckbelastbare HP-Flansch für PE-Rohrsysteme entwickelt. Der auslösende Grund dafür war ein Versagensfall, bei dem sich während der Druckprobe der DN 800er Vorschweißbund unter dem Flansch „herausgebördelt“ hatte. Mit der Rohstoffentwicklung zum heutigen PE100 stieg erneut die mögliche Innendruckbelastbarkeit, so dass in der Praxis vermehrt die Schwachstelle Normflansche offensichtlich wurde.

Nach über 20 Jahren Gültigkeit der alten ISO 9624-Erstausgabe erschien 2019 eine Überarbeitung dieses Flansch-Basisstandards.
Damit sollte nicht nur die von einem Arbeitskreismitarbeiter erkannte PN 10 – PN 16-Problematik korrigiert werden, sondern auch neben einigen anderen Erweiterungen zusätzlich sogar PN 25 thematisiert werden!
Leider wurde der in Bild 2 dargestellte PN 10 – PN 16-Basisfehler erneut als Standard festgeschrieben, weil die Mehrheit der Arbeitsgruppe diese notwendige, „kostspielige“, optimierte Maßanpassung nicht unterstütze. Ihrer Meinung nach wurde die Maßanpassung nicht benötigt, weil auf dem Markt keine technischen Probleme vorkamen.

Bei der Überarbeitung des Standards hat die Arbeitsgruppe interessanterweise einen Hinweis aufgegriffen, der aussagte, dass bei dem Rohrdurchmesser d 630 mm der Kontakt zwischen Bund und Flansch kritisch klein ist. Diese Aussage war zwar technisch gesehen korrekt, führte aber in der Praxis auch bei Nenndrücken über 10 bar hinaus zu keinem Problem, wenn gute Profildichtungen und die marktbekannten DVS Schraubenanzugsmomenten verwendet wurden.
Stattdessen hat dieser Arbeitskreis als Problemlösung den Vorschlag unterbreitet, bei d 630 mm nicht mehr DN 600, sondern DN 700-Flansche zu verwenden (Bild 3).

Damit hätte man das Problem des alten Standards gelöst, wenn auch der PE-Vorschweißbund logischerweise angepasst worden wäre.
So wie in Bild 3 zu sehen, wurde jedoch der Standard letztlich verabschiedet, mit falschem, größerem Flansch, aber mit alter, kleiner Kontaktfläche. Vorausgegangene „Einsprüche“ zur vorgesehenen Nennweitenänderung, selbst aus dem eigenen Arbeitskreis heraus, wurden nicht als fachlich begründet bewertet.

Nach der Veröffentlichung des Standards wurde Reinert-Ritz aktiv und informierte einige von dem Normungsfehler betroffene Firmen über das neue ISO-Kompatibilitätsproblem. Gleichzeitig erfolgte auch der Vorschlag, wie die Kontaktfläche um 25 % vergrößert werden kann, ohne die Nennweite zu verändern.
Der Änderungsvorschlag wurden dem Arbeitskreis vorgetragen und im Januar 2020 angenommen.

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PE-Flanschverbindungen auch unter extremer Belastung machbar

Zum Abschluss der Hinweis, dass ingenieurmäßig ausgelegte PE-Flanschverbindungen bereits heute Bestandteil vieler beeindruckender Druckwasser-Projekte sind.
Als exemplarisches Beispiel ist die 70 km lange DN 1500 PE Druckrohrleitung zu sehen, die freischwebend durch das Mittelmeer führt. Alle 500 m wird die von „Natur aus“ schwimmende Rohrleitung in 250 m Tiefe mit dem Meeresboden verankert, wobei im Mittelpunkt dieser Verankerung zwei Flanschpaare die Verbindung zwischen PE- und dem Stahl-Ankerbogen positioniert sind.
Die d 1600 mm innendruckbelasteten Flanschverbindungen befinden sich dabei unter permanenter Biegebelastung. Dazu kommt der Einfluss von Meeresströmung und Erdbebenstörungen.
Das Beispiel soll zeigen, dass bei richtiger Planung und Auslegung und unter Berücksichtigung der in diesem Beitrag erläuterten Aspekte PE-Flanschverbindungen problemlos dauerhaft ihre Funktion erfüllen können – man sollte die Problematik der ISO 9624 aber nicht verdrängen.

Laden Sie hier den Original Beitrag der 3R herunter

ÜBER DEN AUTOR

Michael Ritz
Geschäftsführer bis 2018
+4959218347810
m.ritz@reinert-ritz.de

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